Rhein raus – oder wie Frankfurt zur kleinen Türkei wurde

Werte Leserinnen und Leser,

am vorvergangenen Samstag besuchte ich das Städtchen Frankfurt, das übrigens entgegen der Ansicht vieler nicht die Landeshauptstadt von Hessen ist – das ist das nahe gelegene Wiesbaden. Von dort aus regiert eine Stahl-CDU zusammen mit einer Beton-FDP in einer seit Jahrzehnten untrennbaren Stahlbeton-Verbindung das Land.

An besagtem Samstag war die Innenstadt weiträumig unbefahrbar, weil Polizeisperren die Fahrzeuge am Fortkommen hinderten, denn Blockupy hatte eine Demonstration in der Innenstadt angemeldet, die an der Europäischen Zentralbank (EZB) enden sollte. Soweit kam es jedoch nicht, denn die Polizisten kesselten auf Befehl ihres Chefs etwa 900 Demonstranten ein und setzten sie neun Stunden lang fest.

Später wurde diese Freiheitsberaubung gerechtfertigt mit Waffen, die die Demonstranten besessen hatten und nicht hergeben wollten. Man zeigte die sichergestellten „Waffen“ auch stolz der Presse und erntete Gelächter. Nun können Regenschirme zu hässlichen Augenverletzungen führen, und seit Edgar Wallace wissen wir, dass auch die Begegnung mit einem Halstuch manchmal tödlich enden kann. Nicht gefunden wurden jedoch Schlagstöcke, Pfefferspray, Messer  und Pistolen – diese waren Teil der Grundausstattung der Polizei und zumindest die ersten beiden wurden ohne Skrupel eingesetzt. Man fühlte sich an die Berichte auf dem Taksim-Platz erinnert.

Bei Licht betrachtet erscheint die Aktion als eine Law-and-Order-Einsatz für den hesssischen Innenminister. Der heißt Boris Rhein, gehört zum Stahlteil der Regierung und wollte im vergangenen Jahr mit den Stimmen von CDU und Grünen neuer Frankfurter Oberbürgermeister werden. Für die Grünen stellte sich das ein wenig anders dar: Koalieren – nun ja, denn Opposition ist Scheiße, wie schon Franz Müntefering wusste. Aber einen von denen wählen? Dann doch lieber SPD. Und so wurde der SPD-Feldmann neuer OB.

Rhein hat diese Schmach möglicherweise nicht verwunden, und so hat er einen völlig unverhältnismäßigen Einsatz angeordnet. Daher skandierten nun an diesem Wochenende die Demonstranten in der nächsten –  völlig friedlichen – Demonstration „Rhein raus“ und meinten damit wohl seinen Rücktritt. Diesmal ließ die Polizei sie gewähren – offenbar wollte man sich kein zweites Mal für den Minister an den Pranger stellen lassen.

Liebe Demonstranten und Anhänger bunter, moderner, umweltfreundlicher Bauweisen: Noch nie ist ein Innenminister wegen solcher Law-and-Order-Einsätze zurückgetreten. Aber die Hessen können Herrn Rhein am 22. September in vorzeitige Rente schicken. Derzeit schaut es dafür gut aus: Mit 49% der Umfragenstimmen könnte das rot-grüne Lager die Regierung übernehmen.

Und dann bitte keinen SPD-Innenminister ernennen!

Es grüßt herzlich

JL7

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