Wir foltern (heute) nicht

Werte Leserinnen und Leser

Wieder einmal beweisen uns die USA, welche große und vor allem großmütige Nation sie doch sind. Ein Militärgericht hat Bradley Manning von dem Verdacht frei gesprochen,  er habe absichtlich Geheimnisse an den Feind verraten, als er seine gesammelten Depeschen und Videos, die insbesondere auch Kriegsverbrechen der USA im Irak offenlegten, an Wikileaks übergab.

Dass Manning in 18 der 20 Anklagepunkten weiterhin als schuldig gilt und deshalb – auch, um weitere Whistleblower abzuschrecken – mit 20 und mehr Jahren Haft zu rechnen hat, ist dabei natürlich dem Rechtsstaat geschuldet, der die USA nun einmal sind. Auch Graf von Stauffenberg wurde nach dem 20. Juli 1944 verurteilt (und hingerichtet), obwohl seine Tat eindeutig das deutsche Volk vor weiterem Schaden bewahren sollte.

Und nun beweist der amerikanische Justizminister Eric Holder erneut, welch großer Rechtsstaat die USA inzwischen sind. In einem Brief an seinen russischen Amtskollegen  Konowalow versichert er, dass Edward Snowden bei einer Rückkehr in die USA lediglich ein Zivilprozess drohe, aber nichts weiter: „Die Vereinigten Staaten würden nicht die Todesstrafe für Edward Snowden anstreben, sollte er in die Vereinigten Staaten zurückkehren.“ Und noch dies: Snowden würde „nicht gefoltert werden, da Folter in den Vereinigten Staaten ungesetzlich ist.“

Holder – der Justizminister Holder – greift damit also in die Unabhängigkeit der Justiz ein, indem er den Rahmen für das Urteil über Snowden schon einmal vorgibt: eine Todesstrafe wird am Ende nicht herauskommen. Warum nicht gleich eine exakte Vorgabe? 20 Jahre, wie bei Manning? Der Mann ist schließlich ein Verräter – auch dieses Urteil hat die amerikanische Regierung über ihn bereits ohne Prozess gefällt.

Besonders bemerkenswert ist aber der Halbsatz über die Nichtanwendung der Folter. Der neue FBI-Chef und Vize-Justizminister unter Bush, James Comey, erklärte kürzlich: „Als ich das erste Mal von Waterboarding gehört habe, als ich stellvertretender Justizminister wurde, da war meine Reaktion als Bürger und Amtsträger: Das ist Folter. So denke ich noch immer“. Die amerikanische Regierung sah das Waterboarding jedoch viele Jahre lang als akzeptable Verhörmethode von Gefangenen an, weil es sich dabei nicht um eine Foltermethode handele. Wir dürfen daher gespannt sein, welche anderen akzeptablen Verhörmethoden die USA für Snowden bereithalten werden.

Die entscheidende Frage hinter all dem ist eine andere: Warum hat es die große Nation USA nötig, einer Autokratie zu erklären, dass man sich geltendes Recht halten werde? In einem freiheitlich-demokratische Rechtsstaat gilt ein fairer Prozess als Selbstverständlichkeit (auch wenn es manchmal zu erheblichen Fehlern kommt).

Wie wäre es, wenn Frau Leutheusser-Schnarrenberger vor laufenden Kameras verkünden müsste, man werde die NSU-Mittäterin Zschäpe nicht foltern, obwohl sie im Prozess immer noch schweigt?

Armselig wäre das. Ein Sündenfall des Rechtssstaats.

Es grüßt herzlich

Ihr JL7

 

 

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