Alle Macht der Kanzlerin

Werte Leserinnen und Leser,

das EU-Parlament ist gewählt, die Europäische Volkspartei (EVP) als Vereinigung der bürgerlichen EU-Parlamentarier ist die stärkste Fraktion, und ihr Spitzenkandidat, der Luxemburger Jean-Claude Juncker, soll nach dem Willen der Fraktionschefs der größten Fraktionen im EU-Parlament der nächste Kommissionspräsident werden. Und die deutsche CDU sonnt sich in ihrem neusten Wahlerfolg.

Alles gut? Nein – Frau Merkel, die für ein weiteres Jahr im Amt der mächtigsten Frau der Welt bestätigte Bundeskanzlerin, zagt und beruft sich auf bestehende Verträge. Denn selbst in ihren konservativen Kreisen sind nicht alle dem Kandidaten Juncker hold, der britische Regierungschef Cameron etwa bevorzugt seinen irischen Amtskollegen. Der wiederum will allerdings für Juncker stimmen – keine einfache Situation.

Merkel hat recht, wenn sie nun erklärt, dass die bestehenden EU-Verträge den Automatismus zwischen „Spitzenkandidat“ und „Kommissionspräsident“ nicht vorsehen. Und wenn sie dabei ihren eigenen Kandidaten beschädigt, indem sie ihm bescheinigt, dass das, was er kann, viele andere auch können, dann stärkt das sogar ihre Machtposition – und das ist doch im Hause Merkel etwas sehr Feines.

Dennoch – die Verträge sind, wie sie sind, und jetzt beginnen die Hinterzimmer-Verhandlungen. Aber mal ganz ehrlich, Frau Merkel: diese Verhandlungen hätte man auch im Vorfeld bereits führen können – mit dem Ergebnis, den bereits vorher bestimmten Kandidaten dann glanzvoll ins Amt zu führen, statt ihn zu düpieren und zu beschädigen.

Dass ein solches Vorgehen logisch und offensichtlich ist, weiß natürlich auch unsere Frau Merkel. Und daher bleibt nur eine Schlussfolgerung: Es war machtvolle Absicht, den Kandidaten jetzt infrage zu stellen. Es soll ja schließlich dauerhaft klargestellt sein, dass Juncker zu Merkel aufschauen muss – und nicht etwa umgekehrt.

Es grüßt herzlich

JL7

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