Werte Leserinnen und Leser,
Zu Beginn der NSA-GCHQ-Affäre dementierte unsere Regierung die Snowden-Enthüllungen, und der unverantwortliche Minister Pofalla erklärte den Vorfall für beendet, ehe überhaupt eine Sichtung stattgefunden hatte. Inzwischen wiegeln die Konservativen ab, indem es heißt „Wer das nicht wusste, ist naiv“. Nach wie vor wird Edward Snowden gerne als Verräter bezeichnet; die Innenminister de Maiziere (BRD) und Caffier (MeckPomm) sind die letzten Beispiele.
Inzwischen wagen sich die Regierungen sogar noch weiter aus der Deckung: In England hat die Regierung gerade die Überwachung der eigenen Bürger verteidigt und für gesetzeskonform erklärt, indem sie ein Gesetz einfach umdeutet: Demnach darf nur die „externe Kommunikation“ der Briten überwacht werden, also solche mit Nicht-Engländern. Man darf (positiv) vermuten, dass die Schreiber des Gesetzes dabei an im Ausland lebende Menschen dachten.
Um nun auch die Briten selbst überwachen zu können, hat man kurzerhand alle Dienste, die nicht allein in England stattfinden, ebenfalls zu externer Kommunikation erklärt. Ein google-Aufruf: externe Kommunikation. Ein Facebook-Eintrag: externe Kommunikation. Office 365: externe Kommunikation. Und so weiter und so fort – es gibt de facto keine rein-britischen Dienste, so dass letztlich alles überwacht werden darf. Also alles in schönster Ordnung, denn es geschieht ja auf dem Boden rechtsstaatlicher Gesetze.
Die Engländer haben zudem das Pech, dass der GCHQ nicht gegen die Verfassung verstoßen kann, denn England hat keine. Hierzulande würde vermutlich das BVerfG einer derartigen Praxis der Gesetzesumdeutung einen Riegel vorschieben, sofern denn jemand dagegen klagt.
Wie aber kommt es, dass selbst gegen diesen erheblichen und offensichtlichen Verstoß gegen die Freiheitsrechte keine Massen auf die Straße gehen, um dagegen zu demonstrieren und zu protestieren? Warum gelingt es unserer Kanzlerin, mit über 40% der Wählerstimmen wiedergewählt zu werden, obwohl sie als oberste BND-Chefin die Verantwortung für die größte Bürgerbespitzelung aller Zeiten trägt?
Die Antwort fällt leicht, wenn man das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu einer Klage gegen die e-Mail-Überwachung des BND betrachtet. Die Klage wurde abgewiesen, weil der Kläger nicht nachweisen konnte, dass er persönlich betroffen sei – auf diese Weise könne ja jeder klagen, und das habe der Gesetzgeber nicht gewollt.
Denn wir wissen nun zwar, wie die Geheimdienste arbeiten. Aber bisher ist noch keine einzige Überwachungsakte aufgetaucht. Kein einziger Fall ist dokumentiert, bei dem ein Protokoll der überwachten Mails oder der Internetkommunikation vorliegt. Dabei gäben die Snowden-Dokumente offenbar einiges her – aber selbst die Presse – Guardian, New York Times und sogar der Spiegel – beruft sich auf ihre journalistische Verantwortung und gerne auch einmal auf die nationale Sicherheit und nennt keine Namen.
Es ist an der Zeit, dass Namen fallen, Identitäten gelüftet werden. Wenn die Bürger wie einst in der DDR ihre eigenen Akten einsehen und erkennen, dass zwischen dem heutigen BND und der damaligen Stasi lediglich 25 Jahre technischer Fortschritt stehen, wäre vermutlich der Teufel los. Man schaue sich zur Erinnerung einmal die Bilder der Erstürmung der Berliner Stasi-Zentrale an. Erst danach war Schluss mit der staatlichen Lauscherei.
Es wäre vermessen zu glauben, dass wir hier in Deutschland Einfluss auf das Vorgehen von GHCQ und NSA nehmen könnten. Aber den BND sollten und müssen wir wieder unter die demokratische Kontrolle des Parlaments bekommen. Er ist Mitwisser der Straftaten, die die NSA auf deutschem Boden begeht. Und in § 27 unseres Strafgesetzbuches steht: „Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.“
Es grüßt herzlich
Ihr JL7
P.S: Auch die Polizei beherrscht die Fähigkeit zur Gesetzesumdeutung: Deren massenhafte Identifizierung von Bürgern durch Funkzellenortung müsste laut Gesetz den „Betroffenen“, also den Georteten, bei jedem Zugriff bekannt gemacht werden. Man möchte aber die Bürger nicht erschrecken und hat deshalb den Begriff der „gering Betroffenen“ erfunden – und informiert niemanden über diese Rasterfahndung.