Die linke Tour der Berliner Piraten

Werte Leserinnen und Leser,

in meiner Schublade liegt immer noch eine Plastikkarte, die mich als Mitglied Nr. 16669 der Piratenpartei ausweist. Ausgestellt wurde sie 2011, zu einer Zeit, als das Internet für die meisten Mitglieder der etablierten Parteien tatsächlich noch Neuland war. Das Zugangserschwerungsgesetz war gerade gescheitert, die Vorratsdatenspeicherung und ACTA standen vor der Tür. Ein idealer Boden für eine Partei, die sich mit der Freiheit im Internet beschäftigt.

Statt aber diesen Vorteil zu nutzen, begannen in meinem Berliner Landesverband dieselben Kämpfe um Macht und Bedeutungshoheit, die vor 225 Jahren bereits die Französische Revolution gefressen hatten. Gewonnen haben diesen Kampf die Linksalternativ-Radikalen, die zeitweise sogar den Bundesvorstand voll im Griff hatten – erinnern Sie sich noch an die sockenlose Maus Frederick?

Die heutigen Stars in Berlin heißen Christopher Lauer und Oliver Höfinghoff, und beide – selbst durchaus demagogisch gebildet – haben vom Nutzen demokratischer Prozesse ungefähr soviel Ahnung wie ein Hund vom Chappi-Dosenöffner. Inzwischen hat sich der Berliner Landesvorstand in der linkssozialen Ecke eingerichtet, Arthur Harris für die Bomben auf Dresden gedankt und missliebige – liberale – Mitglieder als Nazis diffamiert. Nur Netzpolitik macht er nicht mehr. Oder haben Sie rund um die NSA-Affäre nennenswerte Statements der Piraten gehört? Da war sogar die CSU-Bärin aktiver.

Nachdem nun in Halle ein neuer Bundesvorstand aus überwiegend sozialliberalen Mitgliedern gewählt wurde, denken die Berliner über eine Spaltung nach, und es gibt sogar unabhängige Stimmen, die für eine solche linker-als-linken Partei in Berlin einen Platz sehen.

Ich sehe da nichts. Wenn Christopher Lauer allen Ernstes meint, in Berlin eine Partei zu vertreten, die immer noch 6% der Stimmen gewinnen könne (nach 8,9 bei der letzten Wahl zum Abgeordnetenhaus), dann glaubt er wohl auch an Gott, Allah und Buddha gleichzeitig. Es darf auch bezweifelt werden, dass die neuen Linkspiraten demokratischen Anforderungen genügen, wenn schon der Chef Lauer selbst bei den Piraten-Bundesvorstandswahlen in Halle des Betrugs überführt wurde.

Bleibt die Frage, was nach einer Spaltung mit uns vorstandslosen Berliner Piraten geschieht. Interessiert sich noch jemand für Netzpolitik? Oder lassen wir das jetzt wirklich allein in Frau Merkels Händen?

Es grüßt herzlich

JL7

P.S. Unsere Bundeskanzlerin hatte im Januar diesen Beckenbruch, angeblich vom Hinsetzen beim Langlaufen. Ich denke nach wie vor, sie hat ihn sich beim Aussitzen geholt.

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