Werte Leserinnen und Leser,
in der vergangenen Woche hat Apple sein neues Betriebssystem „Yosemite“ auf den Markt gebracht. Wie üblich bringt es eine Menge neuer und geänderter Funktionen mit – manche sind nützlich, manche weniger, und das auch noch je nach Geschmack des Nutzers.
Ein kleines Nebenfeature des neuen Betriebssystems soll die zentrale Suche des Betriebssystems namens Spotlight noch besser machen. Bisher suchte man damit auf allen lokalen Datenträgern nach Dokumenten, die etwas mit dem eingegebenen Suchbegriff zu tun haben. Auf diese Weise findet man schnell die gewünschten Dokumente, kann aber auch mal eben ein wenig benutztes Programm starten, kurz: Wenn man sich mit Spotlight einmal angefreundet hat, mag man es nicht mehr missen.
Nun hat Apple dfen Suchradius von Spotlight erweitert: Das Internet wird mit einbezogen, so dass man auch Fragen stellen kann, für die man zuvor den Browser und google oder eine der anderen Suchmaschinen benutzen musste. Das kann durchaus nützlich sein, denn Spotlight ist zentral zu erreichen und arbeitet ohne Wartezeit. Und man erfährt gleichzeitig, welche Infos zum Thema bereits auf der heimischen Festplatte liegen und was dazu noch im Netz erhältlich ist.
Sie ahnen es schon: natürlich muss Spotlight dazu auch mit dem Internet kommunizieren – es geht dabei aber nicht so vor, wie man es vielleicht erwarten könnte, nämlich anonym und über die üblichen Wege der Suchmaschinen.
Vielmehr wird beim Aufruf von Spotlight – ohne dass auch nur ein Buchstabe getippt wurde – eine Session-ID und die per WLAN-Triangulierung ermittelte Position des Nutzers an Apple übertragen. In Städten ist so eine Ortung auf zehn Meter genau. Als Suchmaschine benutzt Apple Microsofts Bing und leitet nach eigener Aussage die Session-ID und die Position (auf Städtebene verwischt) auch dorthin weiter.
Apple versichert nun, die Daten nicht zu speichern. Die Session-ID hat eine Gültigkeit von 15 Minuten und wird dann laut Apple verworfen. Deshalb ist man sich auch keiner Schuld bewusst und weist den Vorwurf, Daten zu sammeln, auch weit von sich.
Im besten Fall stimmt das, was Apple sagt. Auf Apple-Servern werden keine Daten gespeichert. Was Microsoft mit den Daten anstellt, ist schon weniger gesichert. Und seit dem letzten Jahr wissen wir, dass die Geheimdienste NSA und GCHQ auch gerne einmal fremde Server anzapfen oder sich einfach per geheimem Gerichtsbeschluss Zugang zu persönlichen Daten beschaffen. Und nun?
Ich denke, eine schnellere Möglichkeit, Bombenbauer im Anfangsstadium zu lokalisieren, hat es noch nie gegeben. Endlich bekommt man Suchbegriffe und aktuellen Aufenthaltsort zusammen frei Haus geliefert. Eine daraus aufgebaute Datenbank zeigt uns endlich, wo überall nach Bauanleitungen für Sprengfallen gesucht wird – auch wenn diese längst auf der loaklen Platte gespeichert sind. Sie sollten auch zukünftig darauf achten, dass die Dateinamen Ihrer gespeicherten Pornos nicht unnötig Verdacht erregen. Meiden Sie Namen wie „Junge Schlampen eiskalt verführt“, Spotlight könnte Ihnen ansonsten unnötigen Ärger verschaffen.
Noch ein Beispiel? Stellen Sie sich einmal den verdutzten Blick des Journalisten vor, der auf der lokalen Platte den Artikel von vorletzter Woche über die Salafisten und ihren Kontakt zum IS gesucht hat, wenn er eine halbe Stunde später Besuch vom Einsatzkommando erhält.
Wie realistisch ein solches Szenario ist, kann man derzeit in China beobachten: Dort hat die chinesische Regierung in ihrer „Great Firewall“ per DNS-Umleitung eine Man-in-the-Middle-Attacke geschaltet, so dass die Chinesen die Apple-iCloud-Passwörter ihrer Bürger in die Hand bekommen. Mittels der neuen Spotlight-Funktion bekäme man auf diese Weise sogar Informationen über Dokumente auf der lokalen Platte, sobald der Nutzer danach sucht.
Liebe Leute von Apple: Es ehrt Euch, dass man das Feature wenigstens abschalten kann. Besser wäre es, man könnte (und müsste) es bei jeder Suche per Klick aktivieren. Dann wäre es ein echter Zusatznutzen und kein Bedenklichkeitsfaktor. Also weg mit dieser Funktion.
Es grüßt herzlich
Ihr JL7