Werte Leserinnen uns Leser,
nach Godwin’s Law nähert sich bei längeren Online-Diskussionen die Wahrscheinlichkeit, dass jemand einen Nazi-Vergleich bringt, dem Wert 1. Offenbar kann man dieses Gesetz aber auch auf die reale Welt übertragen. Beispielsweise teilte uns dieser Tage der nordrhein-westfälische Innenminister Jäger mit, dass „nicht jeder“, der an den PEGIDA-Protesten in Dresden teilnimmt, ein Rechtsextremist sein müsse, wohl aber ein Werkzeug von Rechtsradikalen und Rechtspopulisten sei. (PEGIDA klingt ein bisschen wie Hundefutter, bedeutet aber „Patriotische Europäer Gegen die Islamisierung des Abendlandes“, wobei schon die beiden ersten beiden Worte einen Widerspruch darstellen.)
Es ist ja schön zu erfahren, dass da nicht 10.000 Rechtsextremisten auf der Straße waren, als sie gegen den Islam skandierten. Aber ein Werkzeug der Rechtpopulisten sind diese Leute sicher nicht – ganz im Gegenteil. Die AfD lebt, weil diese Leute ihre Vorurteile lieber behalten möchten, als sich mit Neuem auseinanderzusetzen.
Auch mir wäre es lieber, wenn die religiösen und nichtreligiösen Fanatiker – so es sie denn überhaupt geben muss – ihren Quatsch daheim in ihren eigenen vier dicken Wänden ausleben würden, ihre verqueren Ideen dort ließen und uns nicht länger mit ihren Botschaften und ihrem Glockengeläut nerven würden.
Aber wir haben nun einmal eine Meinungs- und Religionsfreiheit, die man sicher nicht hoch genug einschätzen kann. Jeder darf frei von Religion sein, aber seine Religion auch frei ausüben, sofern er nicht gegen ein paar grundlegende Gesetze verstößt. Auf diese Weise hat Templin gerade eine neue Gemeinde gewonnen. Wegen ein paar Durchgeknallter Extremisten aber den gesamten Islam in Bausch und Bogen zu verdammen, ist unsinnig und nur durch eine dumpfe Fremdenangst zu erklären. Wir nehmen ja auch nicht allen Christen den Nachwuchs weg, bloß weil die 12 Stämme ihre Kinder misshandeln.
Statt dessen wird auf demn CDU-Parteitag ernsthaft über ein Burka-Verbot diskutiert, obwohl das wohl weniger als 200 Frauen in ganz Deutschland betrifft. Die Salafisten-Szene ist um einiges größer, lässt sich jedoch immer noch nicht in verständlichen Prozentzahlen ausdrücken – 0,00875% sind aber nicht gerade viel, oder? Und der Bundesinnenminister und sein BKA-Erfüllungsgehilfe werden nicht müde, uns vor Terroranschlägen durch IS-Heimkehrer zu warnen.
Es mag für viele Ältere und manche Jüngere unfassbar sein, aber 50er Jahre der alten BRD werden nicht zurückkehren, die Muslime sind nun einmal da und werden auch nicht wieder verschwinden – es werden sogar mehr. Was sie brauchen, ist ein Weg, Religion und freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat in Einklang zu bringen – und im Zweifelsfall erst einmal dem Rechtsstaat zu vertrauen und keinem 1700 Jahre alten Gesetzbuch voller Brutalitäten.
Und den PEGIDA-Anhängern möchte man sagen: „Cool down!“ Wenn Ihr Euch am Geschehen beteiligen wollt, dann macht das besser, indem Ihr die Leute in Eurer Nachbarschaft integriert und Mauern einreißt, statt neue aufzurichten und gegen ein Nebelgespenst zu demonstrieren. Denn gerade in Sachsen ist auch die Ausländerquote und Migrantenquote eine Zahl, die gegen Null tendiert.
In einem hat der NRW-Innenminister Jäger recht: Um die Ecke warten jene, die Euch zu ihren willfährigen Werkzeugen machen wollen. Und die sind eine echte Bedrohung für unsere Sicherheit – habt Ihr die 10 NSU-Morde denn schon vergessen?
Es grüßt herzlich
Ihr JL7