Seifenspinner

Werte Leserinnen und Leser,

manchmal übersteigt die Hysterie rund um den angeblich allgegenwärtigen Islamismus die Grenze des erträglichen. Ein aktuelles Beispiel betrifft ein Produkt des Lebensmitteldiscounters ALDI Süd. Dort wurde eine Flüssigseife mit dem sicher nicht preisverdächtigen Namen „OMBIA Bath Cremeseife 1001 Nacht“ verkauft. Auf dem linken Teil der Flasche findet sich im Hintergrund ein Bildnis von etwas, das nun die korrekten Religiösen als Moschee identifiziert haben – und sich sogleich in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlten.

Einmal ganz davon abgesehen, dass derartige „religiöse Gefühle“ nur sehr schwer fassbar sind, weil die dabei zur Schau gestellte Betroffenheit offensichtlich nur Vertretungscharakter hat – sich wegen eines Hintergrundbildes auf einer Seife zu echauffieren, hat schon etwas sehr hysterisches. Das Problem liegt hier wohl eher im Auge des Betrachters, und meinen christlichen Lesern würde ich hier Matthäus Kapitel 5, Vers 29 empfehlen – vielleicht lesen auch die scharia-religiösen Leser einmal quer. Für alle anderen hier die schmerzlose Kurzfassung: „Augen zu und langsam weitergehen“.

Der Gipfel der Hysterie aber stammt von ALDI Süd selbst. Dort entschied man sich – wohl aufgrund einer hitzig geführten Facebook-Diskussion – sehr schnell dazu, das Produkt aus dem Angebot zu entfernen. „Die bildliche Gestaltung des Produkts sollte die orientalische Duftrichtung unterstreichen und keinesfalls die religiösen Gefühle in irgendeiner Art verletzen“, so teilte ALDI Süd mit. Es mag um das Produkt als solches nicht schade sein – aber seit wann räumen wir religiösen Gefühlen wieder einen solchen Stellenwert ein, dass wir unsere Industrie danach ausrichten?

Andererseits – stellen Sie sich einmal vor, Heckler & Koch würde ankündigen, ihr G36 vom Markt zu nehmen, weil es die religiösen Gefühle der Muslime verletzen könnte… Leider wurde das auf Facebook nicht diskutiert.

Es grüßt herzlich

Ihr JL7

Nachtrag: Die auf der Seife sichtbare „Moschee“ ist die Hagia Sophia in Istanbul. Sie war zunächst eine christliche Kirche, dann eine Moschee und ist jetzt ein Museum.

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