Die Radikalen regieren weiter

Werte Leserinnen und Leser,

Benjamin Netanyahu hat die Wahlen in Israel gewonnen. Nach den letzten Umfragen ist das überraschend, aber ohnehin hatte niemand erwartet, dass eine Regierung ohne ihn zustande kommen könnte.

Nun ist dies aber kein üblicher Wahlsieg, bei dem man ein paar Versprechen macht („Mit mir wird es keine Maut geben„) und sie dann wieder einkassiert („Am 17. Dezember um 09.30 Uhr hat die neue Abgabe guten Chancen„). Netanyahu hat uns wissen lassen, dass es mit ihm keine Zweistaatenlösung Israel/Palästina geben wird. Nebenbei hat er den Israelis auch noch erklärt, was er von immerhin 20% seines Volks hält. Er warnte am Wahltag selbst vor israelischen Arabern, die „in Scharen“ wählen gehen würden. So etwas nenn man Rassismus.

Aber es hilft nun einmal nichts: Israel ist völkerrechtswidrig Besatzer der Palästinensergebiete und baut – ebenso völkerrechtswidrig – Siedlungen in den besetzten Gebieten. Von einem Land, das technologisch im oberen Achtel der Welt angesiedelt ist und dessen Bürger Vorfahren viele hundert Jahre selbst Opfer von Verfolgung und Rassismus waren, kann man mehr erwarten als eine bloße Kampfansage an die umgebenden Staaten und ein „Weiter so“ in der Staatenfrage der Palästinenser.

Andererseits ist aber Israel auch ein Land, das sich im religiösen Extremismus seinen Nachbarn immer mehr nähert. Die letzte Regierung ist gescheitert wegen des Versuchs einer Verfassungsänderung, Israel zu einem „jüdischen Staat“ zu erklären. Mit einer Renaissance dieses Vorschlags ist nun zu rechnen. Und die am schnellsten wachsende Gruppe in Israel sind die Ultrareligiösen, deren männliche Mitglieder sich ganz und gar dem Studium heiliger Bücher widmen – nur ihre Frauen dürfen und müssen einfache Arbeiten verrichten, haben aber sonst in der Familie kaum Rechte. Den Kindern derselben Gruppe fehlt es an Bildung und Ausbildung.

Beides – der rassistische Ministerpräsident und der zunehmende Einfluss der Ultrareligiösen – sind keine Ausgangspunkte für einen irgendwie gearteten Frieden im Nahen Osten. Der jetzt von vielen Kommentatoren geforderte Kurswechsel im Westen – dort erwärmt man sich nach wie vor vor die Zweistaatenlösung – wird aber auch nicht passieren.

Es bleibt zu hoffen, dass Netanyahu und seine erwartete Rechtsaußen-Koalition in den vor ihm liegenden Regierungsjahren nicht zu viel Schaden anrichten. Man wird – ähnlich wie bei George W. Bush – hinter ihnen aufräumen müssen.

Es grüßt herzlich

Ihr JL7

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