Bloß keine Kritik!

Werte Leserinnen und Leser,

ich möchte Sie heute teilhaben lassen an einem Meinungsaustauch, wie er inzwischen in den Diskussionsforen der Online-Zeitungen üblich geworden ist. Er stammt vom gestrigen Sonntag; Auslöser der Diskussion war ein Artikel in der ZEIT, in dem der Autor beklagt, dass viele Journalisten zu Beginn der Flüchtlingskrise positiv – zu positiv – über das Geschehen berichtet hätten . Er schwingt sich dabei zu der steilen These auf, dass diese positiven Berichte die Debatte vergiftet hätten.

Nun aber zu meinem Kommentar und der sich daran anschließenden Diskussion:

JL7: Ich fand diesen Artikel schon in der gedruckten ZEIT ärgerlich – er spielt leichtfertig mit dem Rechtpopulisten-Vorwurf der Lügenpresse, indem er den Eindruck erweckt, die Artikel in ZEIT & Co seien zum Weck der Unterstützung der Regierungspolitik entstanden. Wie anders soll man den folgenden Satz aus dem Artikel sonst interpretieren?

„Die öffentlich-rechtlichen Anstalten und, mit Ausnahme der FAZ und einiger Welt -Artikel, auch große Teile der Qualitätspresse verschafften der Regierungspolitik Performanz – anfangs auch die ZEIT, trotz ihrer traditionsreichen Lust am Pro und Kontra.“

Und nun – hat die ZEIT also die Seiten gewechselt und schreibt jetzt nur noch gegen die Regierungspolitik? Pro und Kontra sind wünschenswert, aber wenn nun einmal die Redakteure und Kommentatoren gewisse Positionen vertreten, sollte man nicht verlangen, künstlich einen Diskurs herstellen zu wollen.

Noch eins: Nur weil eine Rechtsaußen-Minderheit auf ihren Spaziergängen „Lügenpresse“ skandiert, so mag man daraus noch keinen gesamtheitlichen Trend ableiten. Und schon gar nicht braucht man deren Vertrauen zurückzugewinnen, indem man ihre Argumente aufnimmt – oder wie der Autor – sie zumindest erwägt.

Nun die Antworten – ich habe besondere geistige Höchstleistungen hervorgehoben und ggf. einzelne Passagen gekürzt, jedoch die zitierten Sätze bis auf Rechtschreibfehlerkorrekturen und Zeichensetzung unverändert gelassen.

Kommentator 1: Ich bitte die Meinungsäußerung von Jeanluc7 als Bestätigung meiner These der gern gesehenen Spaltung der Gesellschaft durch toalitären Ausschluß eines Bemühens um gesamtgesellschaftlichen Konsens zu lesen.

Hier sitzen die Verfassungsfeinde, deren Wirken gegen die Grundrechte man analysieren und beobachten sollten. Dass derzeit die Politik und die Medien durch eine gegen den eigenen Bürger gerichtete Interessenkongruenz diesen Ideologen bewußt Rückenwind gibt, ist unverzeihlich.

Man hat beinahe den Eindruck, diese Kreise legen es auf ein zweites Weimar an.

Ich vermute, der Kommentator meint die Weimar-Endzeit, als die SA bereits straflos auf den Straßen marschieren und Andersdenkende terrorisieren durfte. Nach Lesart des Kommentators waren daran also jene schuld, die lange vor 1933 vor den Nazis gewarnt und sie ausgegrenzt haben…

JL7: Ich, ein Verfassungsfeind? Ich bitte Sie – nur weil ich die 20% Rechtsaußen als das nehme, was sie sind, ist das noch keine Spaltung. Sie können sich ja gerne wieder der Mehrheit anschließen, indem sie die von der Verfassung gebotenen Richtlinien befolgen – also keine Busse belagern, Asylheime anzünden oder gar andere zu Gewalt auffordern. Der „eigene Bürger“, den Sie beschreiben, hat sich in meiner Wahrnehmung bisher noch selten um diesen Staat verdient gemacht – er hat aber unbegründete Angst davor, abgehängt zu werden. Ihm diese Angst zu nehmen, dahinter steckt keine Ideologie, sondern Realpolitik. So sehr mancher sich es auch wünschen mag – die 80er und die BRD und die DDR kommen nie mehr wieder. Wir werden damit leben müssen, dass wir im Westen jahrzehntelang auf anderer Kosten reich geworden sind. Ist es wirklich so überraschend, dass Menschen aus Krisenregionen daran nun teilhaben wollen?

Mich erinnert das Gehabe der Rechten und die Forderung nach zu schließenden Grenzen ein wenig an Prinz Prospero, der den Roten Tod durch eine Mauer von sich fern halten wollte – aber letztlich scheiterte und starb.

Kommentator 2: Das schlimme ist – eine Lösung bieten die Gesellschaft spaltenden Diffamierer nicht an. […]

Und die demokratiefeindliche moralbasierte Diffamierungskampagne, die gerade von Linksgrün gegen einen neuen demokratischen Mitberwerber läuft, sehe ich als als einen absoluten Tiefpunkt im Verständnis der Grundrechte an. Dass die Medien sich hier einspannen lassen, muß mit der Mehrheit der linksgrünen Journalisten erklärt werden. Sogar das ÖR, eigentlich zu „AUSGEWOGENHEIT“ verpflichtet, macht mit.

Kommentator 1: Und @JeanLuc7, ja es ist verfassungsfeindlich die Meinungsfreiheit anderer einschränken zu wollen oder sie physisch anzugreifen, selbst wenn die nur 20% der Wähler repräsentieren, solange die betreffende Partei nicht verboten ist.

Und natürlich ist es eine Spaltung, wenn die Mehrheit der Bürger mit dem aktuellen Kurs nicht zufrieden ist http://de.statista.com/st… sich aber inzwischen nicht mehr traut, ihre Meinung zu sagen, weill die mediale Diffamierungskampagne läuft.

Gerade die Meinung „Mit denen darf oder kann man, oder will man nicht reden“ (Dreyer, Stegner usw.) spaltet zunehmend die Gesellschaft.

Man drängt die Betroffenen zu einem bestimmten Prozentsatz in Demokratieverdruß oder sogar in die Radikalisierung. Die nimmt man dann wieder im Weg der selbsterfüllenden Prophezeiung als Argument her für weitere Ausgrenzung und Vertiefung der Spaltung.

Es ist das Gegenmodell des gesamtgesellschaftlichen Konsens, der letzendlich auch von den Moralisten Kompromissfähigkeit verlangt.

Man erreicht mit diesem Verlust des gesellschaftlichen Konsens bestenfalls, dass sich eine Art „Siegerjustiz“ einstellt, wie in Polen, und die jeweils Machthabenden alles ausmerzen, was die Vorgänger installierten.

So also legt man anderen etwas in den Mund, was sie gar nicht gesagt haben. Ich hatte jedenfalls weder die Einschränkung der Meinungsfreiheit oder physische Angriffe gegen Andersdenkende gefordert…

Kommentator 3: Es können aber nicht alle Millionen von Wirtschaftsmigranten in Spe daran teilhaben, denn dann gibt es bald nicht mehr allzu viel, an dem man teilhaben könnte. Wir reden von Abermillionen die gern kommen wollen, insbesondere dann, wenn sie sich eingeladen fühlen. Prinz Prospero ist ein Märchen. Bzgl der Wirtschaftsmigrationsproblematik muss man lediglich rechnen können, denn bei Menschen handelt es sich nicht um einen Virus, der sich mal eben über die Luft verbreitet, sondern die Menschen wandern hierher, weil sie sich eingeladen fühlen und wie die Motten in das Licht in das Land streben, welches mit der geringsten Hürde das Maximum an Zuwendungen herausgibt.

Flüchtlinge mit Motten zu vergleichen, das ist allerdings bereits grenzüberschreitend.

JL7: Ich weiß leider nach wie vor nicht, wen Sie meinen, mit dem da geredet werden soll: Frau Petry, die auf Flüchtlinge schießen will? Frau von Storch, die Homosexualität für eine Krankheit und daher für heilbar heilt? Herrn Höcke, der wirklich rechtes Gedankengut verbreitet? Frau Festerling, die Politikern, Journalisten und Pfarrern mit Mistgabeln droht? Den Mob, der Busse belagert und glaubt, er sei das Volk? Die Brandstifter, die Asylheime anzünden? Ich bin mir nicht so sicher, ob diese Leute mit *mir* reden wollen, wenn ich ihnen meine differenzierte Meinung darlege.

Wieso schränkt es die Meinungsfreiheit anderer ein, wenn ich ihre Meinung für nicht konsensfähig halte? Es ist ein altes Spiel der Rechtspopulisten zu glauben, Meinungsfreiheit hieße, immer das letzte Wort behalten zu dürfen. Nein, Meinungsfreiheit bedeutet geradezu, auch Kritik auszuhalten. Und kritikfähig ist das, was AfD und Pegida in Deutschland veranstalten, allemal.

Übrigens, ein netter Versuch: zu unterstellen, ich hätte irgendwo zu physischen Angriffen aufgerufen oder die Meinungsfreiheit anderer einschränken wollen. Selbst wenn ich einigermaßen entsetzt bin, was aus den ZEIT-Foren geworden ist und welches Gedankengut sich hier tummelt: meine Richtschnur ist unsere Verfassung, und in der ist die Menschenwürde nach wie vor unantastbar.

Die Hinweise auf die AfD- und Pegida-Frontleute durften natürlich nicht unbeantwortet bleiben:

Kommentator 1: Es ist beispielsweise eine glatte Unverschämtheit aus dem Petry-Post so einen Hype zu kreiieren. Liest man genau, was sie im End-to-End Post in Facebook sagte, dann ist es bei weitem nicht das was auch Sie hier glauben machen wollen.

Selbst das, was Höcke sagte, ist sachlich begründet und wird verzerrt dargestellt. Es ist einfach Fakt, dass in diversen Gesellschaften andere Motivationen die Familienplanung beeinflussen und keinesfalls „rassistisch“

Sein Fehler liegt an anderer Stelle, nämlich in der Annahme, die Offenheit für Flüchtlinge hätte irgendeinen Einfluß auf die Familienplanung in den betroffenen Ländern und nicht die dortigen gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse.

Genau an diesen Beispielen zeigt sich, wie das linksgrüne Denken mit Halbwahrheiten und Totschlagargumenten versucht, ideologisch Sachlichkeit zu beseitigen.

Höckes Auslassungen sind also“sachlich begründet“. Die Huffington Post hat sich einmal die Mühe gemacht, Reden von Höcke denen von Goebbels gegenüberzustellen – kaum auseinanderzuhalten. Was aber hat Frau Petry der Rhein-Zeitung denn nun wirklich gesagt? google liefert das folgende:

Rhein-Zeitung: „Ihr Partner, Herr Pretzell, hat gefordert, dass notfalls Grenzen auch mit der Waffe gesichert werden müssen. Was sagen Sie dazu?“

Petry: „Das ist geltende deutsche Rechtslage.“

Rhein-Zeitung: „Also notfalls schießen?“

Petry: „Als Ultima Ratio ist der Einsatz der Waffe zulässig. Das haben wir gerade schon besprochen. Es ist nichts, was sich irgendjemand von uns wünscht. Es müssten alle anderen Maßnahmen davor ausgeschöpft werden.“

Das soll also „bei weitem nicht das sein“, was ich glauben machen will, nämlich, dass Frau Petry auf Flüchtlinge schießen will. Was später bei facebook stand, ist ohne Belang, denn Frau Petry selbst kann ihre Einträge jederzeit ändern.

Später am Abend kam es dann noch mal knüppeldick:

Kommentator 1: Gerade trudeln Kommunalwahlergebnisse aus Hessen ein.

Sogar im Landkreis Marburg liegt die AFD mit 16% weit vor den Grunen als drittstärkste Partei, Bad Karklshafen mehr als SPD usw. Sogar in Frankfurt bei 14%.

Eine so starke gesellschaftliche Bewegung als Verlierer zu diskreditieren und marginalisieren zu wollen zeigt schon ene besondere form der „ideologischen“ Realitätsferne.

Abgesehen davon, dass „Wähler“ noch lange keine „gesellschaftliche Bewegung“ sind: Ich denke, dass das Ablehnen einer rechtspopulistischen Vereinigung keine ideologische Realitätsferne ist, sondern vielmehr ein aus der Geschichte erlerntes Verhalten. Aber wenn Sie spaßeshalber mal in diesem Artikel nach „Verlierer“ suchen, werden Sie feststellen, dass Kommentator 1 dieses Wort in die Diskussion einbrachte – bisher hatte das niemand behauptet.

Kommentator 4: @Picard7 – Sie unterstellen Frau Petry das glatte Gegenteil dessen, was sie gesagt hat. Zu den anderen kann ich nichts sagen. Ich kenne sie nicht, hab‘ nicht gelesen, was die sagen.

Aber in der Angelegenheit des angeblichen „Schießbefehls“ (!) hab‘ ich die Texte gelesen. Ich finde die Verdrehungen der Originalaussage einfach grauenhaft. Ich schließe Sie mit ein, mon capitain, je regrette!

Das Gegenteil? Vermutlich glaubt Kommentator 4, dass facebook die Originalaussage enthalte – dem ist aber nicht so. Vermutlich wird nirgends so dreist gelogen wie auf facebook… Und wieder das gleiche Muster: Suchen Sie einmal im Text nach „Schießbefehl“. Den führt der Kommentator neu ein, samt Ausrufungszeichen.

Kommentator 1: Cher Jean Luc, Sie missverstehen da etwas. Natürlich ist es das gute Recht eines Armen, seine Lage verbessern zu trachten, gegebenenfalls auch durch Aufenthaltswechsel. (Würd‘ ich auch machen…). Was Sie in Ihrer destruktiven hypermoralischen unethischen Verblendung nicht wahrhaben, ist es, daß es genauso das Gute Recht eines Hausbesitzers ist, die Tür dann nicht sperrangelweit zu lassen, wenn eine Phalanx von Aufenthaltsoptimierern sich auf den Weg macht.

Und daß dies seine Pflicht sogar ist, wenn das Haus und die Familie davon unterminiert werden, oder auch nur werden könnten.

JeanLuc7 zieht in seiner destruktiven hypermoralischen unethischen Verblendung (daraus sollte ich mir ein T-Shirt machen) das Grundgesetz heraus und findet dort unter §16a Absatz 1 den Satz „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“. Und er weiß, dass die Bundesrepublik Deutschland weiter reichende Pflichten hat als ein Privathausbesitzer.

Unser Kommentator 1 ergeht sich derweil noch ein wenig über die Pflichten des erdachten Hausbesitzers, derweil sein Text ein wenig ins Biblische abrutscht:

Und dass er sich durchaus Gedanken über das Elend der Welt machen soll, aber nicht in den manischen Wahn verfallen, ER könnte es beseitigen, wenn ER es nur in seinem negativen Hochmut wollte, weil ER ER ist, und in seinem Schlafzimmer ein riesig schwarz mehrmals durchgestrichenes RIESEN-RIESEN-RIESEN-Photo von „IHM“ hat, dem NIE-WIEDER-SCHNAUZBART, und genauso auf dem Klo, dem Dachboden, im Keller & in der Guten Stube. Solch eine manisch-zwanghafte Fixierung, solch ein stetiges „Nie-Wieder“ vom Morgen bis Abends und dann in der Nacht gerät in die Nähe einer „negativen Symbiose“ mit dem Objekt seiner Negations-Gier. Die Distanz ist futsch. Der Zwang regiert ohne anzuklopfen. Er ist einfach schon da, im Kern des Kernes.

Der Hase rennt und rennt und RENNT um sein Leben und der untote Schnauzbart-Igel grinst ihn von den durchgestrichenen Portraits an: „Ick bün al dor!“

Mit dem großen „NIE-WIEDER-SCHNAUZBART“ ist vermutlich Hitler gemeint. Meinen Kampf mit dem restlichen Inhalt muss ich verloren geben. Ob der Kommentator uns damit allen Ernstes mitteilen wollte, dass überhaupt erst unsere Ablehnung der Rechten an deren Erstarken schuld ist?

Sie fragen, ob ich jetzt endlich kuriert sei und derartigen Foren fernbleiben werde? Nein, ganz im Gegenteil. Wir dürfen solchen Leuten nicht auch noch die Meinungshoheit überlassen. Sonst haben sie am Ende noch erreicht, was sie wollten: dass sie nämlich mit „man wird doch wohl noch sagen dürfen…“ auch noch das letzte Wort behalten.

Es grüßt herzlich

Ihr JL7

Nachtrag: Ich habe nach einem Hinweis einer von mir sehr geschätzten Person eine Zusammenfassung dieses Beitrags im ZEIT-Forum hinterlassen – um auch dort den Rechten nicht das letzte Wort zu überlassen.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Persönlich, Politik, Rant abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.