Werte Leserinnen und Leser,
mindestens die Älteren unter uns wissen, dass Wut im Bauch selten ein guter Ratgeber ist. Und deshalb ist meine Überschrift auch kein guter Ratschlag, selbst wenn angesichts der Ereignisse in Brüssel die Wut über die durchgeknallten Selbstmordattentäter momentan überwiegen mag.
Dennoch stellen sich natürlich einige Fragen bezüglich unserer Einstellung zu Radikalen gleich welcher Farbe und Religion. Wir gehen in Deutschland und den meisten Teilen Europas aus gutem Grund davon aus, dass die grundsätzlichen Rechte und Pflichten in unseren Verfassungen und Gesetzen für alle gelten. Dazu gehören die Religions- und die Meinungsfreiheit. Wir gestatten die Ausübung dieser Rechte sogar Menschen, die unsere Staatsform des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats ablehnen. Dazu zählen die Islamisten, aber auch die Anarchisten der linken Szene, die Reichsbürger und die Nazis von rechts und auch einige Politiker und ihre Wähler – nicht nur, aber vor allem in der AfD.
Es existieren Listen bekannter Gefährder aus der islamistischen Szene. In Deutschland sind das etwa 700, und der Brüsseler Stadtteil Molenbeek gilt sogar als „Islamisten-Hochburg“. Dass der mutmaßliche Terrorist Abdeslam sich monatelang frei bewegen konnte, ist ein Armutszeugnis für die Sicherheitsdienste in Europa. Die bisherigen Attentate zeigen zudem, dass alle Terroristen den Behörden bereits bekannt waren – und man nur die falschen Schlüsse zog oder – wie beim NSU-Skandal in Deutschland – sogar Attentate in Kauf nahm, um die eigenen V-Leute zu schützen.
In Deutschland heißt es, eine lückenlose Überwachung von 700 Personen sei wegen des Personalaufwands unmöglich. Da wir anderseits mit der Vorratsdatenspeicherung 80 Millionen unbescholtene Bürger überwachen, stellt sich die Frage, ob die Ressourcen nicht falsch eingesetzt werden. Man fängt dann ein paar Raubkopierer und Crystal-Meth-Käufer weniger. Man würde aber die Sicherheit im Land nicht nur gefühlt erhöhen, wenn man die Ressourcen zur Überwachung bekannter Gefährder einsetzt.
Liebe Geheimdienste und Sicherheitsbehörden: lasst uns in Frieden, aber tauscht Informationen der Gefährder aus und beobachtet sie. Jemand, der sich außerhalb unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung stellt, darf diese Meinung vertreten – auch öffentlich. Aber er hat nicht automatisch das Recht, dies unbeobachtet zu tun. Und wenn Molenbeek eine Islamistenhochburg ist, dann muss es gegebenenfalls auch zur Observationshochburg werden. Religionsfreiheit muss zudem nicht so weit gehen, dass in Koranschulen junge, unerfahrene Menschen radikalisiert werden. Der Staat sollte hier besser ein eigenes Angebot aufbauen und dann private Koranschulen schließen lassen.
Es wäre der falsche Weg, einen Krieg gegen die Islamisten auszurufen und sie nach besonderen Gesetzen zu beurteilen. Wir sollten weiterhin unserer Verfassung folgen. Aber Freiheit bedeutet nicht auch Wehrlosigkeit – mit allen Mitteln, die das Strafrecht unseren Behörden bietet. Macht aus den irren Terroristen keine Märtyrer, indem Ihr sie erschießt – stellt sie vor Gerichte und entzaubert die Verrückten. Und kümmert Euch um die Hintermänner – jene alten Männer, die andere im Namen der Religion zu Selbstmorden verleiten. Wer Selbstmord(-Attentate) begeht, ist danach tot. 72 Jungfrauen sind ein Mythos der Lebenden, nicht der Toten.
Es grüßt herzlich
Ihr JL7
Alles schön und gut, aber damit bekämpfen wir weiterhin nur die Symptome und nicht die Ursachen. Die Ursachen liegen aber in den unzumutbaren Lebensbedingungen, die die Strippenzieher der amerikanischen und europäischen Politik zu verantworten haben.