Aufhören, Frau Mahlström!

Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das in Deutschland die anlass- und verdachtslose Bevorratung von Daten aus Telekommunikationseinrichtungen vorerst beendete, wird über angeblich entstandene Sicherheitslücken und nicht verfolgbare Straftaten gestritten. Die Fronten in Deutschland sind vorgegeben: während die Konservativen (allen voran die Herren Bosbach, Uhl, Ziercke und Strobl) für eine sofortige Wiedereinführung plädieren, sind die Liberalen (insbesondere Frau Leutheusser-Schnarrenberger) dagegen.

Seit dem letzten Jahr sitzt auf dem Posten des EU-Justizkommissars jedoch eine Liberale ganz anderer Bauart. Frau Cecilia Mahlström hat uns in diesem Jahr bereits überrascht mit ihrer Forderung nach der Einführung von Internetsperren, was ihr den Beinamen „Censilia“ einbrachte. Frau Mahlström nutzt dieselbe polemische Argumentation wie seinerzeit Frau von der Leyen („Zensursula“) und wird nicht müde, ihr Vorgehen zu rechtfertigen, indem sie Bilder missbrauchter Kinder herumzeigt. Die bereits hinlänglich bekannten Argumente gegen ein solches Vorgehen wurden von ihr und der Runde der EU-Justizminister beharrlich ignoriert, so dass nun im kommenden Jahr das EU-Parlament die letzte Instanz ist, die derartige Sperren noch aufhalten könnte. Man wird sehen, ob das EU-Parlament sich als der letzte Hort staatlicher Vernunft erweisen wird, indem es die Sperren ablehnt.

Nun hören wir erneut von der schwedischen Liberalen: mit Ihr werde es im Interesse der inneren Sicherheit kein Zurück geben in der Frage der verdachtsunabhängigen Protokollierung der Nutzerspuren – gesagt auf einer Konferenz zur Evaluierung der Vorratsdatenspeicherung in Brüssel.

Ich frage mich, welch liberales Verständnis Frau Mahlström zum Thema „Bürgerrechte und Freiheit“ vertritt. Denn die EU-weit als Richtlinie eingeführte Vorratsdatenspeicherung widerspricht dem Recht auf Privatheit aller EU-Bürger massiv. Richtervorbehalte sind in vielen EU-Staaten nicht umgesetzt, und es gibt seitens der EU auch keine Beschränkung der Nutzung der Daten nur bei schwere Straftaten. Dies führt dazu, dass die Vorratsdaten gerade bei leichten Betrugsverfahren und Urheberrechtsverletzungen genutzt werden. Auch in Deutschland war dies möglich, bis das Bundesverfassungsgericht die Nutzung der Verkehrsdaten in einem Eilverfahren auf schwere Straften beschränkte.

Frau Mahlström, als Liberale sollten Sie den Rechten der Bürger ebenso zugetan sein wie der Pflicht des Staats, seine Bürger zu schützen. Die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung aber wird – genau wie jene um die Internetsperren – vor einer Kulisse aus konstruierten und schwer fassbaren Ängsten geführt. Hören Sie auf, diese Ängste zu schüren. Hören Sie auf, unnütze Maßnahmen wider besseres Wissen zu fordern. Oder noch besser: Hören Sie auf!

Herzlichst,

Ihr JeanLuc7

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Politik abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.