Liebe Leser,
manchmal platzt einem der Kragen. Am 18. April war es bei mir soweit – da wurde der Evaluationsbericht der EU zur Vorratsdatenspeicherung vorgestellt, und die bereits durch ihre Ideen zu EU-Internetsperren bekannte EU-Innenkommissarin Cecilia Mahlström („Censilia“) beeilte sich, dem Bericht möglichst viele positive Seiten abzugewinnen.
In Wahrheit ist der Bericht vernichtend. Er zeigt, wie wenig die Richtlinie der EU sich um die Umsetzung und die Risiken einer solchen Speicherung gekümmert hat. In Polen reicht beispielsweise die Anfrage eines Polizisten nach Vorratsdaten – der Grund für die Abfrage wird nicht geprüft. Daher überrascht es nicht, wenn die Hälfte aller Datenabfragen in der EU in Polen stattfanden. Auch in anderen Staaten wird die Vorratsdatenbspeicherung keineswegs zur Terrorbekämpfung oder bei schweren Straftaten eingesetzt, sondern vielmehr als willkommene Bereicherung im Rahmen von Standardermittlungen angesehen. Auch in Deutschland wird die Vorratsdatenspeicherung immer wieder gerne mit Straftaten in Verbindung gebracht, die eine Nutzung der Daten gar nicht rechtfertigen würden, beispielsweise Raubkopien oder Phishing-Betrug.
Dabei sagt der Bericht eines ganz klar: Es kam in den Jahren 2005 bis 2010 zu keinen signifikanten Änderungen der Aufklärungsquote.
Mehrere Verfassungsgerichte (u.a. in Deutschland, Tschechische Republik, Rumänien) haben die Vorratsdatenspeicherung in der beschlossenen Form für nicht vereinbar mit der jeweiligen Verfassung eingestuft. Eine Prüfung der EU-Richtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof auf Vereinbarkeit mit der EU-Charta für Menschenrechte steht noch aus.
Dennoch fordert die EU die Bundesregierung auf, die bestehende, offensichtlich fehlerhafte Richtlinie unverzüglich umzusetzen und droht mit einem Strafgeld, denn eine fehlerhafte Umsetzung sei immer noch besser als keine. Das ist rechsstaatlich gesehen eine Bankrotterklärung. Es kann und darf nicht sein, dass eine in Überarbeitung befindliche, schlampige und schludrige EU-Richtlinie nun einfach ein zweites Mal in Deutschland umgesetzt wird, um dann wahrscheinlich wieder verfassungswidrig zu sein.
Daher habe ich beim Bundestag eine e-Petition eingereicht:
Der Deutsche Bundestag möge beschließen: die Vorratsdatenspeicherung bleibt mindestens so lange ausgesetzt, bis die EU-Kommission eine neue Richtlinie zur EU-weiten Vorgehensweise verabschiedet hat.
Diese Petition soll den Bundestag dazu bringen, die Vorratsdatenspeicherung nicht aufgrund unsicherer und möglicherweise verfassungswidriger Richtlinien wieder einzusetzen, auch wenn dies bedeutet, dass die EU ein Strafgeld wegen der Nichtumsetzung verhängt, wie es von der verantwortlichen Innenkommissarin Cecilia Mahlström bereits angekündigt wurde. Als Beispiel mag Schweden dienen, das seit Jahren die Einführung einer anlass- und verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung verweigert.
Derzeit ist auch aufgrund der Verhaftung dreier Terrorverdächtiger und der Tötung Bin Ladens die Diskussion um die Sicherheitsgesetze und nicht zuletzt auch um die Vorratsdatenspeicherung voll entbrannt. Die CDU ist schon länger für eine Wiedereinführung, die SPD will seit neustem auch wieder speichern. Der Petitionstext ist daher absichtlich sehr offen gehalten, um für die Forderung eine möglichst breite Zustimmungsbasis auch bei Abgeordneten der SPD und insbesondere der CDU zu erhalten.
Helfen Sie mit, dies zu verhindern, indem Sie diese Petition unterzeichnen! Hier geht’s zur Petition.
Herzliche Grüße
Frank Brennecke
Toll geschriebener Artikel, toll geschriebener Petitionstext. Mach mal deinen Server Besuchersturmfest, nicht, dass er unter den hoffentlich kommenden Massen zusammenbricht.
Mahlzeit! Wo ist denn der Facebook Gefaellt mir Button? 🙂
Da ich selbst keinen Facebook-Account besitze, habe ich mich damit noch nicht befasst. Ich schau mal, was ich tun kann. Grüße, JL7
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