Man liest derzeit, dass die die EU-Staaten, insbesondere jene mit besonders hohem Schuldenstand, einen strikten Sparkurs verfolgen müssen. Wikipedia erklärt uns den Begriff des Sparens wie folgt:
Sparen ist das Zurücklegen momentan freier Mittel zur späteren Verwendung. Häufig wird durch wiederholte Rücklage über längere Zeit ein Betrag aufsummiert, der dann für eine größere Anschaffung verwendet werden kann.
Man erkennt sehr schnell, dass kein EU-Staat gemäß dieser Definition über „momentan freie Mittel“ verfügt, zumal Staatsausgaben auch nicht beliebig gekürzt werden können. Beispielsweise beträgt der Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit 126,446 Milliarden, hauptsächlich für Hartz 4 – 44 Milliarden – und Zuschüsse zur Rentenversicherung. Kürzen? Unmöglich, wenn man keine Revolution riskieren will.
Zudem werden die EU-Staaten Eingriffe in die nationale Souveränität kaum zulassen. Verhandlungsgeschick, starke Nerven, guter Wille, nackte Not, Vertrags- und Verfassungsänderungen sind nötig, werden aber an der Inhomogenität der EU-Staaten scheitern. Insgesamt 800 Milliarden Euro müssen 2012 im Euro-Raum neu finanziert werden. Wie kommt man also billig an neues Geld und wird gleichzeitig die alten Schulden los?
Die Staaten diskutieren die Einführung von Euro-Bonds, also gemeinschaftliche Staatsanleihen, was letztlich eine Vergemeinschaftung der Schulden ist. Das wird eine kurze Zeit funktionieren, aber an die Schuldnerstaaten, wäre es das Signal, weiterzumachen wie bisher. Warum sollten Griechenland, Italien, Spanien, Portugal etc. ihr Verhalten ändern, wenn doch das Geld weiter fließt und es sich noch eine Weile weiter gut leben lässt?
Greifen wir also zum großen Trick – der Druckerpresse. Die Europäische Zentralbank gibt – ebenso wie zuvor bereits die Notenbanken in USA und Großbritannien – ein umfassendes Liquiditätsversprechen ab: Wir drucken Geld notfalls ohne Ende, bis der Markt zufrieden ist. Dann können alle Schulden bezahlt werden.
Das führt zu einer wesentlich höheren Geldmenge im Umlauf – und weil jeder mehr Geld hat, steigen die Preise. Sie kennen das im kleinen, wir nennen es Inflation. Diese kommt schon ohne Gelddrucken zustande durch die Wechselspirale zwischen Löhnen und Preisen.
Was Sie aber vermutlich nicht mehr kennen, ist die Hyperinflation. Sie entsteht zwangsläufig, wenn die Geldmenge drastisch erhöht wird, in Deutschland zuletzt 1923, als die Reichsregierung versuchte, Kriegsschulden durch Gelddruck zu bezahlen. Dabei steigen Preise und Löhne in einer Geschwindigkeit und in Höhen, die schwer vorstellbar sind – 1923 kostete ein Ei zuletzt 323 Milliarden Reichsmark.
Der Trick dabei: Sparvermögen – und dazu zählen letztlich auch Schulden – werden nicht an die Inflation angepasst, und damit werden die Schulden im Verhältnis zum Geldwert immer geringer. Und wenn man es bis auf die Spitze treibt wie 1923, dann ist man seine gesamten Schulden los. Die Kriegsschulden des Deutschen Reichs in Höhe von 154 Milliarden Mark beliefen sich, als am 15. November 1923 die neue Währung Rentenmark eingeführt wurde, auf gerade einmal 15,4 Pfennige. Das zahlen wir aus der Portokasse.
Der Haken an der Sache ist die Vernichtung allen Sparvermögens. Häuser, Gold, Waren behalten ihren Wert und überstehen jede Inflation, aber das Geld ist plötzlich und unwiederbringlich weg, und leider nicht nur jenes, das der Staat in Form von Schulden zurückzahlen müsste. Die wirtschaftlichen Kollateralschäden darf dann die nächste Regierung beseitigen.
Genauso gut kann man die Staatsanleihen auch gleich für ungültig erklären. Das würde ebenfalls zu einem Erdbeben führen, aber wenigstens wüssten dann alle um Ursache und Wirkung. Das Anwerfen der Gelddruckmaschinen, wie es in der EU jetzt diskutiert wird, ist hingegen der Feigheit der Politiker geschuldet: „Seht, wir lösen die Krise!“
Es fehlt der Zusatz „Auf Eure Kosten!“. Aber wer bis jetzt noch nicht begriffen hat, dass wir Bürger dafür bezahlen müssen, dass wir – in der Gemeinschaft – jahrzehntelang über unsere Verhältnisse gelebt haben, dem ist ohnehin nicht zu helfen.
So gesehen ist der Gold-Automat, den ich kürzlich beim Einkaufsbummel in der Berliner Friedrichstraße entdeckte, vielleicht gar nicht die schlechteste Alternative.
Herzlichst,
Ihr JeanLuc7