Die Ohnmacht des Superlativs

Werte Leserinnen und Leser,

Nach nunmehr 15 Monaten, die wir uns mit der Corona-Pandemie beschäftigen, könnte man denken, es sei eine gewisse Gewöhnung zu beobachten, und tatsächlich ist das auch so. Die allermeisten Menschen tragen beim Einkaufen und im ÖPNV Masken, und inzwischen sogar jene vom FFP2-Typ, der nicht nur andere, sondern auch den Träger schützt. Man hält Abstand beim Einkaufen – es ist sehr lange her, dass mir das letzte Mal jemand an der Kasse im Supermarkt in den Nacken geatmet hat.

Es ist auch eine gewisse Gewöhnung eingetreten in der Handhabung der Maßnahmen, die man nicht so dolle findet, beispielsweise den Kontaktbeschränkungen. Ich kenne niemanden, dessen soziales Leben auf dem Stand von Januar 2020 wäre, auch wenn man sich das eine oder andere Mal nicht an die Beschränkung „Haushalt plus eine Person“ hält, weil sie nur unter lebensfremden Umständen umsetzbar ist.

Selbst die Ausgangssperre der „Bundesnotbremse“ wurde weitgehend unwidersprochen eingehalten – wohl deshalb, weil sie vergleichsweise gut durch die Exekutive (Polizei) kontrollierbar ist. Ich persönlich halte sie für verfassungswidrig, da sie eindeutig nicht das mildeste Mittel einer Grundrechtseinschränkung ist. Man wird sehen, ob das BVerfG es auch so sieht – in jedem Fall kommt seine Entscheidung zu spät, weil das zugehörige Gesetz Ende Juni ausläuft – sofern Söder und Merkel sie nicht verlängern. Aufgrund sinkender Inzidenzen wird sie ohnehin letztlich bedeutungslos.

Ich empfinde es allerdings inzwischen als unerträglich, wenn die täglichen Warnungen vor Lockerungen und neuen Mutanten regelmäßig mit einem Superlativ (oder dessen Alternativformen) aufgepeppt werden müssen. Man liest dann von der „Gefahr massiver Steigerungen der Inzidenzen“ durch Mutanten, einer „extremen Überlastung des Gesundheitssystems“ und Escape-Varianten, die „alles noch viel schlimmer“machen werden. Das Wort „exponentiell“ hat sich so weit abgenutzt, dass inzwischen statt dessen „explosiv“ benutzt wird. Physikalisch ist eine Explosion übrigens lediglich ein exponentielle chemische Reaktion, die nach sehr kurzer Zeit zusammenbricht – gerade nicht das, was die Apologeten uns erklären wollen.

Nun wissen wir, dass das Innenministerium schon im März 2020 beim RKI ein Papier angefordert hat, das laut Staatssekretär Markus Kerber dazu dienen solle, „weitere Maßnahmen präventiver und repressiver Natur“ planen zu können. Ich zitiere aus einem Bericht der WELT:

Das erst Wochen später veröffentlichte Papier bezifferte schließlich ein Worst-Case-Szenario, laut dem mehr als eine Million Menschen am Coronavirus sterben könnten, liefe das Leben weiter wie vor der Pandemie. Es wurden Vorschläge gemacht, wie man die „gewünschte Schockwirkung“ erzielen könne, um diesen Fall zu vermeiden. Man müsse in den Köpfen der Menschen Bilder entstehen lassen: „Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause.“

Ein Jahr später im März 2021 alarmierten uns das RKI, die NoCovid-Gruppe um Brinkmann und Priesemann, Karl Lauterbach und andere, dass uns wegen der britischen Mutante B.1.1.7 ein erneuter Anstieg der Inzidenzen bevorstehe. Natürlich war dieser Anstieg „massiv“, „exponentiell“ oder gar „explosiv“ – auf bis zu 2000 sollte die Inzidenz im Mai klettern. Andere sprachen von bis zu 100.000 Infizierten – pro Tag! Die ZEIT veröffentlichte gar ein bespielbares Diagramm, in dem man den Anstieg der Infektionen anhand der Reproduktionszahl mit Schiebereglern nachvollziehen durfte – mit exponentiellem Verlauf bis ins Endlose im Juni. Das alles zu Zeiten, als die Inzidenzen der britischen Mutante in Großbritannien bereits seit Mitte Januar sanken. Man hätte daraus folgern können, dass es offenbar Maßnahmen gab, die auch gegen B.1.1.7 wirken, aber daraus lässt sich nun einmal kein Drama konstruieren.

Das alles traf nicht ein, und nun lernen wir ein neues Wort, das „Präventionsparadoxon„. Dahinter steckt die Vorstellung, dass beispielsweise in Deutschland der Wald in den 80ern nicht gestorben ist, weil man frühzeitig Katalysatoren in Autos und Rauchentschwefelungsanlagen in Kraftwerke eingebaut hat. Und soweit ist das auch richtig – es gilt natürlich auch für die Pandemie.

Nun aber die falschen Prognosen genau damit zu erklären, halte ich aber für absurd. Denn anders als in den frühen 80ern kannte man im März 2021 die Corona-Maßnahmen bereits und hätte sie sehr wohl in die Modelle einbeziehen können. Denn es stand doch niemals zur Debatte, alle Maßnahmen sofort aufzuheben und dadurch tatsächlich eine unkontrollierte Verbreitung des Virus zu ermöglichen. Worst-Case-Szenarien zu entwerfen und diese – und nur diese – dann öffentlich zu verbreiten, das ist genau die „gewünschte Schockwirkung„, die das Bundesinnenministerium schon im März 2020 erzielen wollte.

Zum Glück haben sich nur wenige Bürger davon beeindrucken lassen. Die meisten haben ihr Leben weitergeführt, sich mit den Maßnahmen mehr oder weniger arrangiert, und die Inzidenzen sanken schließlich, nachdem sie wegen der erhöhten Testquote und der damit verbundenen Aufhellung des Dunkelfeldes zunächst anstiegen.

Ein paar Worte noch zur Überlastung des Gesundheitssystems. Man darf sich fragen, ob statt einer „massiven“ nicht auch schon eine „normale“ Überlastung ein Problem darstellt, aber sei es drum. Denn da sah es im April tatsächlich eng aus – allerdings nie so eng wie im Dezember 2020 und Januar 2021. Im Gegensatz zum All-in-One-Indikator Inzidenz ist allerdings die Bettenauslastung tatsächlich ein wichtiger Indikator, denn hier fallen alle Infektionen mit asymptomatischem oder leichtem Verlauf heraus.

Die Bundesregierung nimmt das allerdings bis heute nicht zur Kenntnis – einzig die Inzidenz zählt. Inzidenz – das ist die Zahl, vor der selbst das RKI heute (Montag, 17. Mai) warnt:

Aufgrund des Feiertags am 13.05.2021 ist bei der Interpretation der Fallzahlen zu beachten, dass an Feier- und Brückentagen weniger Personen einen Arzt aufsuchen, wodurch auch weniger Proben genommen und weniger Laboruntersuchungen durchgeführt werden. Dies führt dazu, dass weniger Erregernachweise an die zuständigen Gesundheitsämter gemeldet werden.

Oder kurzgefasst: „Wir können nicht genau sagen, wie hoch die Inzidenz in den Landkreisen und Städten heute ist“. Keine guten Voraussetzungen, wenn man bedenkt, dass aufgrund dieser Zahl erhebliche Grundrechtseinschränkungen verfügt wurden und deren Aufhebung nun daran hängt, dass diese Zahl fünf Werktage nacheinander den magischen Wert von 100 unterschreitet. Da möchte man schon mehr Gewissheit als eine „Interpretation der Fallzahlen„.

Merke: Der Superlativ und seine alternativen Formen sind nötig für ernste Fälle. Wer sie regelmäßg benutzt, sei es, um sich Gehör zu verschaffen oder weil man glaubt, die Bevölkerung durch angst und Schrecken in den Schranken zu halten, dem sei gesagt, dass selbst der schärfste Superlativ seine Wirkung schnell verliert, wenn man ihn unberechtigt einsetzt. Und danach hört niemand mehr zu. Und leider gilt das dann auch für die Zukunft und andere Bereiche. Wer das nicht will, sollte abrüsten. Die notwendige Information kommt auch an, wenn die Intensivstationen massiv überlastet sind, die Lage noch nie so ernst ist und neue Mutanten äußerst kritisch zu bewerten sind.

Es grüßt herzlich

Ihr JL7

 

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Neubauer, Maaßen und der Antisemitismus

Werte Leserinnen und Leser,

lassen Sie mich diesen Text mit einem Zitat beginnen:

„Sie legitimieren rassistische, antisemitische, identitäre und übrigens auch wissenschaftsleugnerische Inhalte, verkörpert durch Hans-Georg Maaßen. Dazu hätten Sie ganz klar etwas sagen müssen, das hätten Sie ganz klar verurteilen müssen.“

Es stammt von Luisa Neubauer, die am Sonntagabend (09. Mai 2021) in Anne Wills Talkshow saß. Die Worte waren gerichtet an Armin Laschet, der ebenfalls Gast der Sendung war.

Natürlich kam es, wie es kommen musste, wenn jemand das Wort „Antisemitismus“ in Zusammenhang mit Politikern bringt, die nicht der AfD und der Linken angehören. Laschet war sich sofort sicher, dass Maaßen kein Antisemit sei. Und tags darauf berichten die Zeitungen von vielen, die Frau Neubauer deutlich zeigten, was sie von ihrer Aussage hielten, beispielsweise die CDU-Politikern Karin Prien auf Twitter:

Liebe

solche vollkommen haltlosen und infamen Vorwürfe gegen

vergiften die gesellschaftliche Debatte. So dürfen Demokraten auch in Wahlkampfzeiten nicht miteinander umgehen. Schlimmer noch: Sie schwächen leider den Kampf gegen den Antisemitismus.

Tatsächlich gilt der Vorwurf Neubauers in erster Linie Herrn Laschet, der sich ihrer Meinung nach hätte abgrenzen müssen. Ist aber die Forderung, sich abzugrenzen, „haltlos“ oder gar „infam„? Beides passt nicht. Man gewinnt eher den Eindruck, Frau Prien beziehe die Attribute auf Laschet und nicht auf Maaßen, denn den erwähnt sie gar nicht.

Die ZEIT schaffte es nicht einmal, das Zitat im Wortlaut zu veröffentlichen, sondern verkürzte es von vier auf zwei Attribute:

Neubauer hatte Maaßen am Sonntagabend in der ARD-Sendung Anne Will vorgeworfen, „rassistische und antisemitische Inhalte“ zu verbreiten. […] Neubauer warf Maaßen konkret vor, Inhalte antisemitischer Blogs zu verbreiten.

Es bleibt dabei das Geheimnis der ZEIT, ob sie die weggelassenen Vorwurfsattribute für weniger kritisch hält oder aber der Meinung ist, Frau Neubauer läge damit richtig.

Ich muss zugeben, ich kann in dem vollständigen Zitat oben nicht so allzu viel konkrete Vorwürfe entdecken; der Name „Maaßen“ fällt erst am Schluss. Aber natürlich, man kann es so sehen wie Herr Maaßen, dem ZEIT und FAZ natürlich gleich eine Bühne gaben:

„Das sind für mich halt- und beleglose Behauptungen, die ich energisch zurückweise“, sagte der ehemalige Bundesverfassungsschutzpräsident der Nachrichtenagentur dpa. Neubauer habe keinerlei Belege für ihre Behauptungen. Heutzutage könne über alle alles gesagt werden, sagte Maaßen. „Es ist eine Verrohung des politischen Diskurses, die man zur Kenntnis nehmen muss.“

Und jetzt mal kurz innehalten. Haben Sie es bemerkt? Jetzt reden plötzlich alle nur noch über Antisemitismus. Was aber ist mit den anderen Attributen? Ich wiederhole sie einmal:

rassistische, antisemitische, identitäre und übrigens auch wissenschaftsleugnerische Inhalte

Maaßen, selbst ausgemachter Spezialist bei der Verrohung des politischen Diskurses („Linksradikale Kräfte in der SPD„, netzpolitik-Landesverrat-Affäre, Snowden ist ein russischer Spion), nutzt allerdings seinen Twitter-Kanal und seine Auftritte sehr wohl dazu, Inhalte von Blogs zu teilen, die von fragwürdigen Rechtsaußen-Autoren mit fragwürdigen Inhalten bestückt werden. Er teilt rassistische Inhalte zu Flüchtlingen und deren angeblichen Straftaten. Er verharmlost immer noch den rechtsextremen Terror. Er steht jenen nahe, die sämtliche Corona-Maßnahmen ablehnen. Er hat dem FDP-von-Gnaden-der AfD-Ministerpräsidenten Kemmerich gratuliert:

„Großartig! Hauptsache, die Sozialisten sind weg.“

Oder kurz gesagt: sämtliche Vorwürfe von Frau Neubauer sind richtig – außer der Sache mit dem Antisemitismus. Die ist schon deswegen nicht beweisbar, weil die Autoren von „politically incorrect“  und der „Achse des Guten“ und weiteren Blogs (nein, keine Links dahin) dazu viel zu vorsichtig sind. Hetze gegen Flüchtlinge, Muslime, Ausländer und Linke wird bei uns hingenommen, wenn sie unter der Aufforderung zur Gewalt bleibt. Antisemitismus wird nicht hingenommen und führt zur Ächtung des Autors – und das wollen die Herren Autoren keinesfalls. Wobei die Ächtung richtig ist – aber in den Köpfen jener, die antisemitisch denken, doch keinerlei Veränderung bewirkt. Dies noch: jeder Vierte denkt laut SZ antisemitisch

Was lernen wir daraus: Du kannst so viel Richtiges sagen, wie Du willst – aber vergreife Dich nie ohne hieb- und stichfeste Beweise am Vorwurf des Antisemitismus. Dann erlebst Du, dass der Angegriffene härter kämpft, als wenn seine Kinder in Gefahr wären. Und vor allem sind danach alle deine guten Argumente und richtigen vorwürfe ebenfalls nichts mehr wert, denn darüber schreibt niemand mehr – man würde ja den Widerspruch des Angegriffenen relativieren.

Und so schafft es einer wie Maaßen immer wieder, Beifall von ganz rechts zu bekommen und trotzdem selbst scheinbar so sauber zu bleiben, dass ihm die halbe CDU beispringt und darüber hinaus noch andere. Ich wiederhole mich: dieser Mann ist gefährlich.

Es grüßt herzlich

Ihr JL7

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Solidarität? Welche Solidarität?

Werte Leserinnen und Leser,

Derzeit lesen und hören wir viel von Solidarität. Sie sei geübt worden, als junge Menschen zugunsten der Älteren auf Partys und soziale Kontakte verzichtet haben. Als die mittlere Generation nicht mehr ins Theater oder Kino gehen konnte. Als man Essen nur noch per Lieferando bestellte. Und jetzt hören wir wieder davon: gegen Covid-19 Geimpfte mögen doch nun solidarisch sein und auf ihre Grundrechte noch ein paar Wochen verzichten, weil alle Nicht-Geimpften ansonsten benachteiligt seien. (Die umgekehrte Argumentation, die von „Privilegien“ oder „Sonderrechten“ spricht, möchte ich hier nicht aufnehmen, weil sie völlig außer acht lässt, dass Grundrechte nun einmal keine Privilegien sind – und für jeden Einzelnen gelten und nicht erst dann, wenn ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung sie ebenfalls in Anspruch nehmen kann.)

Ich war im Rahmen von Corona nie solidarisch. Ich habe meinen Freundeskreis nicht aus Solidarität eingeschränkt. Ich bin während der Ausgangsssperre nicht aus Solidarität drin geblieben. Ich habe nicht aus Solidarität auf Shoppen, aufs Essengehen, auf Clubbesuche verzichtet. Ich habe das alles getan, weil es in Verordnungen und Gesetzen so festgehalten wurde. Ganz unabhängig davon, dass ich viele der Einschränkungen mittrage und zu ihrer Zeit für richtig hielt bzw. halte – niemand hat mich darum gebeten, solidarisch zu sein und die AHA+L-Regeln freiwillig zu befolgen. Im Gegenteil – die Nichtbefolgung wurde sanktioniert, und sogar recht offensiv.

Sie sehen, worauf ich hinaus will: Solidarität ist eine freiwillige Leistung. Freiwillig, das ist, wenn ich meinem Lieblingsclub eine dicke Spende zukommen lasse, damit er überlebt. Wenn ich beim Friseur ein übergroßes Trinkgeld hinterlasse, weil ich mich dort zehn Wochen lang nicht sehen lassen durfte und nicht einsehe, warum das auf Kosten der Mitarbeiterin gehen soll. Freiwillig, das ist alles, was ich tue, obwohl es eine Verordnung von mir gerade NICHT verlangt.

Nichts davon ist das, was in der derzeitigen Diskussion als „Solidarität“ bezeichnet wird. Die Bürger haben im vergangenen Jahr keine Solidarität gezeigt, sondern wurden gewzungen, die temporären Einschränkungen einzuhalten – und ich möchte daran erinnern, dass die Polizei sich manchmal alles andere als zimperlich gezeigt hat, wenn es darum ging, diese Regeln strikt durchzusetzen. Noch heute wird jede polizeiliche Auflösung von Partys oder Demos begründet mit „haben sich vielfach nicht an Corona-Regeln gehalten“.

Es ist daher absurd, jetzt wieder „Solidarität“ einzufordern, indem die rechtlich zwingend gegebene Wiederherstellung von Freiheitsrechten für Geimpfte angezweifelt wird. Bundestag und Bundesrat haben recht daran getan, die zugehörige Verordnung in Kraft zu setzen.

Wer nun Solidarität wünscht, darf sie fordern. Und wenn Geimpfte freiwillig darauf verzichten, ihre Freiheiten in Anspruch zu nehmen, dann dürfen sie das ebenfalls – und man nennt es dann zu Recht Solidarität.

Ich bezweifle aber, dass diese Forderung auf allzu viele offene Ohren stoßen wird. Eher erwarte ich, dass sich nun mehr Menschen impfen lassen – das sollte ohnehin das erste Ziel sein. Und dann gehört die Diskussion in drei Monaten der Vergangenheit an, weil jeder, der will, einen Impftermin hatte.

Bleiben die Impfverweigerer. Aber genau wie Alkoholiker oder Kettenraucher kennen sie das Risiko, es ist dann ihre Entscheidung. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, sie gegen ihren Willen weiterhin zu beschützen.

Bleiben Sie gesund. Es grüßt herzlich,

Ihr JL7

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Die Berliner Senatstrotzköpfe

Werte Leserinnen und Leser,

der Berliner Senat ist offenkundig sauer. Da hat man sich zunächst vom Verwaltungsgericht erklären lassen müssen, dass das Verbot für die Anti-Corona-Demo den nötigen Anforderungen nicht genüge, und dann muss man sich noch vorwerfen lassen, dass man nur drei Polizisten zum Schutz des Reichstags eingesetzt habe. Zu der Demo selbst ist überall sonst alles gesagt, nicht aber zum heutigen Beschluss des Berliner Senats.

Ob die Maskenpflicht für Demos, die künftig zu befolgen ist, sinnvoll ist oder nicht, ist eine müßige Diskussion. Die einen verweisen auf frühere Demos und nicht vorhandenen Einfluss auf das Infektionsgeschehen, die anderen fühlen sich sicherer, wenn alle eine Maske tragen. Sofern niemand auf die Idee kommt, dieselbe Maskenpflicht jetzt auf die Öffentlichkeit insgesamt auszudehnen, wird man für eine Weile damit leben können.

Nebenbei hat sich die Berliner Gesundheitssenatorin Kalayci aber im Rahmen der aktuellen Trotzreaktion des Senats etwas Besonderes ausgedacht: In den Berliner Restaurants, die ja schon eine Weile in der Kritik stehen wegen ihres (tatsächlich) lockeren Umgangs mit den geforderten Kontaktlisten, müssen nun auch die Gäste 50€ bezahlen, wenn sie falsche Angaben in den Corona-Kontaktlisten machen. „Micky Maus„, „Donald Duck“ und „James T. Kirk“ sind – da liegt Frau Kalayci wohl richtig – eher unwahrscheinliche Gäste in Berliner Restaurants. Immerhin: Kirk soll 1986 einmal in einer Pizzeria in San Francisco gesehen worden sein…

Aber zurück zum Strafzettel für Restaurantbesucher. Man darf gespannt sein, wie so ein Vergehen nun wieder kontrolliert werden soll – etwa durch unangemeldete Kontrollen während des Essens, wenn die Leute derzeit nicht mal einen Ausweis dabei haben müssen? Oder nachträglich durch Daktyloskopie, Darmspiegelung und Zeugenbefragung, wer gesehen hat, dass sein Nachbar einen falschen Namen aufgeschrieben hat? Die Variante der Esoteriker, wir seien sowieso alle gechippt, lasse ich mal als unrealistisch außen vor. Nun werden dieselben Leute wohl statt „Micky Maus“ Realnamen verwenden wie „Maik Mauser“ oder „Donald Trump“, der nach Ansicht einer verwirrten Esoterikerin am Samstag ebenfalls in Berlin gelandet war, worauf sie den „Sturm auf den Reichstag“ ausrief, dem die anwesenden Nazis nur zu gerne folgten.

Mit falschen Realnamen und erfundenen Straßennamen kommt man dann aufseiten der Behörden auch nicht weiter – besser wäre es gewesen, den Leuten zu garantieren, dass die Polizei oder andere Dritte keinen Zugriff auf die Corona-Kontaktlisten bekommen. Denn genau das ist wohl für viele der Anlass gewesen, statt ihrer eigenen Namen lieber andere einzusetzen.

Merke: Eine Verordnung, die sich nicht durchsetzen lässt, ist das Papier nicht wert, auf das sie gedruckt wird. Dieser Berliner Senat (mit den SPD-Größen Müller, Geisel und Kalayci) wird das wohl nicht mehr lernen – vielleicht aber der nächste, der im Oktober 2021 gewählt wird.

Es grüßt herzlich

Ihr JL7

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Rezo und die FAZ

Werte Lesesrinnen und Leser,

erinnern Sie sich noch an die „Zerstörung der CDU“ im vergangenen Jahr, veröffentlicht von einem Youtuber, dessen Spezialität sonst eher Spaß-Videos sind? 15 Millionen Abrufe hat dieses Video, und Rezo legt dort, belegt durch viele Quellen, sehr eindeutig das Versagen von Politikern bei Klimawandel, Internet und anderen Themen dar. Zum Schluss warnt er eindeutig, keine Parteien zu wählen, die diese Themen in der gezeigten Art bearbeiten oder interpretieren. Das waren im wesentlichen CDU, SPD, AfD und FDP – also alles jenseits diesseits der Mitte.

Es gab viele Berichte – manche positiv, manche negativ, manche überschwänglich, manche verurteilend und einige schlicht neutral. Und es gab die FAZ. Dort sitzt der Innenpolitikchef Jasper von Altenbockum. Leser dieses Blogs kennen ihn bereits als „meinen politischen Südpol“, weil meine politische Kompassnadel immer von ihm weg zeigt.

Jaspe von Altenbockum ist – das darf man anhand einer Vielzahl einschlägiger Kommentare sicher sagen – ein großer Freund einer CDU-geführten Regierung. Es kommt dabei nicht so sehr auf den Inhalt an – Hauptsache CDU. Da werden dann auch schon mal absurde Dinge verteidigt, weil sie von einem CDU-Politiker stammen. Aber se es drum, hier geht es speziell um Rezo und die „Zerstörung der CDU“. Sowas konnte Herr von Altenbockum nicht auf sich sitzen lassen. Also recherchierte er. Naja. Und zweifelte die Korrektheit der Rezo-Quellen an. Und zweifelte an, dass Rezo unabhängig sei. Und unterstellte ihm, von den Grünen finanziert zu sein über den Umweg einer Werbefirma. Und überhaupt sei auch Youtube werbefinanziert. Und überhaupt. Und.

Leider sind alle seine Kommentare inzwischen hinter einer Paywall. Aber auch die Überschriften und die Linkbezeichnungen sagen eine Menge:

Dazu noch ein Artikel eines FAZ-Kollegen, in dem Rezo vorgeworfen wird, das Video durch Dritte finanziert zu haben:

Auf twitter lieferte sich Jasper von Altenbockum ein Gefecht mit Rezo und stellte dabei weitere Unwahrheiten auf. Auf diese in Phoenix-TV in einer Talk-Runde angesprochen, leugnete er sie: „Wo habe ich gelogen?“. Nach der Europawahl 2019 kehrte Ruhe ein, aber verwundenw ar die Schmach wohl nicht, denn als Rezo vor kurzem ein neues Video mit dem Titel „Die Zerstörung der Presse“ online stellte, drehten bei der FAZ die Räder wieder hohl. Denn Rezo hatte in seinem Video Fehler der Presse aufgezählt und dabei die Berichterstattung über sich im Jahre 2019 als Beispiel genommen.

Klar, was dabei herauskam: über 50% der Aussagen über Rezo in der FAZ seien falsch, sagte Rezo. und wie beim ersten Mal, unterlegte er seine Aussagen mit Quellen und einer umfangreichen Dokumentation, die jedem zugänglich war, der sie lesen wollte. Das ist bei den Mitteln, mit denen der Innenpolitikchef von Altenbockum und sein Medien-Spezialist Michael Hanfeld gegen Rezo gekämpft haben, kaum verwunderlich. Hier eine Kostprobe:

Klar, dass die FAZ das nicht auf sich sitzen lassen konnte. Als erwachsener Player auf dem Medienmarkt hätte sie erklären können:

Ja, wir haben da im Umgang mit dem neuen Medium der Influencer den einen oder anderen Fehler gemacht. Aber wir arbeiten täglich an uns und werden besser. Und diese 50% kommen garantiert nicht mehr vor. Versprochen.

Da hätten wir anerkennend genickt. Aber hey, die Welt tickt nicht so. Sie tickt so:

Der Youtuber Rezo verbrämt eine persönliche Abrechnung als aufklärerische Medienkritik – und bedient sich dabei genau der manipulativen Techniken, die er zu entlarven vorgibt. […] Rezo hat sich wieder einmal zu Wort gemeldet. Mit seinem Video „Die Zerstörung der Presse“ will er angeblich auf Missstände in der deutschen Medienlandschaft hinweisen, die er als mitverantwortlich für den Glauben an Verschwörungstheorien ansieht. Was unter dem Deckmantel der Aufklärung daherkommt, ist in Wahrheit ein Stück Meinungsmache in eigener Sache, bei dem Rezo ebenjene manipulativen Tricks und Kniffe üppig einsetzt, die er zu entlarven vorgibt.

Und dann liest man einen Artikel, in dem wieder kräftig vom Leder gezogen wird. Kein Wort davon, dass von Altenbockum den einen oder anderen oder ganz viele Fehler gemacht hat. Kein Wort davon, dass man falsche Verdächtigungen gedruckt hat. Ein schickes Video hat man gleich dazu gedreht. Und man hat – eigene Sicht – alles richtig gemacht.

Die Kommentierung des Ganzen hatte man dann lieber nicht an Jasper von Altenbockum gegeben, das blieb seinem Kollegen Constantin van Lijnden in einem zehnseitigen (!!) Bericht vorbehalten, dessen Fazit ich hier zitiere:

Rezos Behauptungen über angebliche Fehler in unserer Berichterstattung sind zum Großteil unrichtig und betreffen im Übrigen Marginalien, die wir inzwischen korrigiert haben. An vielen Stellen reißt Rezo einzelne Sätze aus dem Zusammenhang und interpretiert kritische, aber selbstverständlich zulässige Meinungsäußerungen unserer Autoren als (angeblich unwahre) Tatsachenbehauptungen. Es ist somit nicht verwunderlich, dass ausgerechnet diejenige Zeitung, die Rezo und sein CDU-Video 2019 wohl am häufigsten und heftigsten kritisiert hat, in seiner Statistik die höchste Quote solcher angeblichen „Fehler“ aufweist – wobei bei der Berechnung dieser Quote auch zahlreiche weitere verfälschende Effekte hinzutreten, die eingangs dargestellt wurden.

[…]

So war die auf Twitter erfolgte Äußerung des Innenpolitikchefs dieser Zeitung, Rezo habe sein Video „Die Zerstörung der CDU“ für einen Werbekonzern gedreht, der im Impressum seines Youtube-Kanals genannt wird, zwar eine irrige Vermutung bzw. irreführende Behauptung, aber sicherlich keine Verschwörungstheorie. Absicht des Tweets war eigentlich, auf ein Interview-Porträt über Rezo aufmerksam zu machen, in dem Rezo selbst auf die Gefahren hinweist, denen er sich aussetze, wenn er „Wahlwerbung“ betreibe: Ihm sei sehr bewusst, so hieß es in dem Text von 2017, dass er seine jungen Fans „manipulieren“ könne. Der Artikel war allerdings in einem dubiosen, weil verschwörungstheoretisch orientierten Video eingeblendet worden, das der Tweet verlinkte. Auch deshalb wurde der Tweet binnen weniger Tage gelöscht. Dass er gleichwohl noch ein Jahr später zitiert wird, um den Innenpolitikchef und mittelbar die ganze Zeitung in Misskredit zu bringen, spricht für sich.

Im Übrigen fällt es schwer, das angeblich noble Ziel des Videos ernst zu nehmen, wenn Rezo eben jene manipulativen Techniken, die er zu entlarven vorgibt, zugleich selber einsetzt, um rufschädigende Unwahrheiten gerade über das Medium zu verbreiten, das besonders kritisch über ihn berichtet hat.

[…]

Das Video und seine Rezeption sind somit tatsächlich ein gelungenes Lehrstück über Mechanismen der Meinungsmache und Manipulation zum eigenen Vorteil – allerdings nicht in dem von Rezo beabsichtigten Sinne.

Damit war es der FAZ aber nicht genug. Heute erschienen nun „Letzte Worte an Rezo„, eine „Antwort der Redaktion“. Darin werden noch einmal die der Redaktion wichtigsten Punkte aufgezählt – von der Entgleisung Jaspers von ALtenbockums wird aber nicht mehr gesprochen. Ich zitiere wieder das Fazit:

Lieber Rezo, wir hätten noch viel mehr zu erwidern, haben aber erkannt, dass es sinnlos ist. Du bist offensichtlich bereit, jede unserer Aussagen aus dem Kontext zu reißen oder im Sinn zu verdrehen, bis sie in deinen Feldzug gegen uns und weitere Zeitungen passen, die dich kritisiert haben. Also wozu dann überhaupt argumentieren? Wenn es so läuft, sind wir raus. Denn so gewinnt nur der, der bereitwillig und geschickt die Wahrheit manipuliert – und diese Trophäe überlassen wir gerne dir.

Klingt, als säßen in der Redaktion ein paar beleidigte Leberwürste. Da ist es dann nur konsequent, wenn man auch gleich die Kommentarfunktion abgeschaltet hat und nicht einmal den eigenen Lesern die Chance gibt, sich zu äußern. Das sind nämlich oft kluge Köpfe und daher gar nicht so bereitwillig, der FAZ bei ihrer Beurteilung von Rezo zu folgen.

Es grüßt herzlich

Ihr JL7

 

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